# Prinzipiensets

# Holmgren

Zu Beginn des Basisjahres evaluierte ich meine Projektidee bereits mit den 12 Prinzipien von David Holmgren (opens new window) und entdeckte so beispielsweise bereits recht früh, dass mein Projekt davon profitieren kann, wenn ich das Prinzip der Ernte auf mein Projekt anpasse. Im Folgenden nun eine Auflistung der Prinzipien und was sie für mein Projekt bedeuten können:

  1. Observe and interact

    Beobachte, was Initiativen und Akteure brauchen; wo sie stehen (technisches Set-Up, technisches Wissen, verfügbare Zeit); in welchen Kontext sie eingebettet sind (-> Zielgruppe, Umfeld); wie sich ihre Handlungen auf ihr Umfeld auswirken und was ihre aktuellen Probleme sind (-> mit aktuellem Webprodukt, in der Kommunikation / Öffentlichkeitswirksamkeit, interne Struktur). Hieraus ergeben sich wichtige Informationen, die nötig sind, um eine passende Lösung umzusetzen.

  2. Catch and store energy

    Nutze bestehende Ressourcen wie bspw. vorhandene Texte, Bilder, Code, Server, Domains wenn möglich. Auch Mitarbeitende, die sich damit befassen, können mit ihrem Wissen und ihrer Kompetenz «wiederverwendet» werden; ebenfalls auch das Netzwerk, welches sich aus ehemaligen Auftraggebenden ergibt sowie ehemalige Mitstudierende.

  3. Obtain a yield

    Die Projekte sollen so vergütet werden, dass ich ökonomische Sicherheit erfahre. Das hilft mir, mich voll und ganz um die permakulturelle Webentwicklung zu kümmern. Allerdings, kann, wo möglich, auch durch ein flexibles Vergütungsmodell Ertrag in anderer Form erzielt werden, bspw. durch eine Kursgutschein o. ä. Auch das Netzwerk, dass sich durch diese Arbeit bildet, ist eine Form des Ertrages, welcher wieder zurück ins System gegeben werden kann.

  4. Apply self-regulation + accept feedback

    Zentrale Rolle soll der «Feedback- und Feierschritt» (angelehnt an die 4. Phase des Dragon Dreaming) in meinem Prozess sein. Hier geht es nach Abschluss eines Projektes darum, aktiv und intensiv die Ergebnisse und den Erfolg der Zusammenarbeit zu zelebrieren. Sehr wichtig ist hier auch ehrliches Feedback, das nicht nur geäussert, sondern mit einem Vorschlag der Einbindung / Verbesserung verbunden mitgeteilt werden soll. Dabei geht es nicht nur um das Projekt an sich, sondern auch zum Workflow dahinter, der mit diesem Basisjahrprojekt entwickelt werden soll. Interdisziplinäre und offene Fragen wie bspw. «Welcher Aspekt / Methode aus eurer Praxis kann meinen Workflow nachhaltiger machen?» können hier helfen.

  5. Use + value renewable resources + services

    Zwingend müssen alle Webprojekte auf Servern von Hostern laufen, die sowohl erneuerbare Energie verwenden als auch weitere Schritte in Richtung «Green IT» machen (-> Gemeinwohlbilanz im Unternehmen, Nutzung von wiederaufbereiteter oder fair hergestellter Technik, ...). Auch aus ethischer Perspektive kann im digitalen Bereich erneuerbar + nachhaltig gedacht werden, denn OpenSource-Projekte sind hier in vielerei Hinsicht ein guter Weg. Sie vertreten mit ihrer Ethik eine recht ähnliche wie die der Permakultur und stellen durch diese sicher, dass aus ihnen weitere Projekte entstehen können.

  6. Produce no waste

    Nicht nur das Wiederverwenden von Code, Wissen und Content aus #2 gehört hier dazu, sondern auch mein konrketer Workflow: ich möchte sicherstellen, keine Arbeit unnötig zu machen, keine unnötige Ressourcen zu verbrauchen, etc. Auch im Hinblick auf die Umsetzung selbst kann hier viel getan werden wie bspw. nicht unnötig Dateien und Daten kreiern, die nach Projektabschluss nicht mehr benötigt werden. Auch die Frage, was mit dem nach dem Inhalt der Website nach dessen Lebenszeitende passiert (bspw. vergangene Events, alte Uploads, gelöschte Bilder, etc.), muss hier gestellt werden.

  7. Design from patterns to details

    Mit Hilfe des Consultings soll erst eine grobe Struktur geschaffen werden, welche mit Hilfe der Gestaltung dann feingliedriger durchdacht und schliesslich mit der Umsetzung sehr detailliert realisiert wird. Vom der abstrakten und gedanklichen Idee zum konkreten und physischen Produkt sozusagen. Auch innerhalb der einzelnen Prozessschritte findet sich dieses Prinzip wieder: im Umsetzungsschritt des Frontends bspw. wird erst die Struktur der Seite festgelegt und nun Schritt für Schritt mehr Detailgrad wie Layout bis hin zu Farben und Schriftgrössen definiert.

  8. Integrate rather than segregate

    Anfangs werden noch nicht alle Auftraggebenden aus der nachhaltigen Ecke kommen, weshalb die, die es nicht sind, trotzdem integriert werden sollten. Auch Menschen, die im gleichen Bereich arbeiten oder sogar Konkurrenz sein könnten, können als Kollaborationspartner oder für projektbasierte Arbeit hinzugezogen werden. Sie haben evtl. in bestimmten Bereichen mehr Wissen und Probleme können kompetenter gelöst werden. Hiervon können dann alle Beteiligten profitieren. Konkret kann hier mein Chef / Partner von Süpèr (opens new window) genannt werden. Auch Auftraggebende dürfen gerne aktiver in den Enstehungsprozess ihres Projektes eingebunden werden. Dadurch werden Hierarchien flacher, die Kommunikation zentraler und Feedbackloops kürzer. Im weiteren Verlauf können sie dann sogar Kooperationspartner werden.

  9. Use small and slow solutions

    Das Projekt muss meistens nicht zu einem bestimmten Termin fertiggestellt werden. Dies gibt alle Beteiligten mehr Zeit zur durchdachten Definition der Informationsstruktur und zur Evaluation. Dies kann auch bei der Organisation von Mitteln zur Finanzierung des Projektes hilfreich sein. Weiter bedeutet dieses Prinzip, dass erst eine dem Budget und der Zielgruppe funktionierende «Minimalversion» der Seite realisert werden sollte, die alle notwendigen Funktionen beinhaltet (bspw. Landing Page). Nach und nach, je nach finanzieller Lage können dann weitere Funktionen aufgerüstet werden (bspw. Unterseiten, Filterfunktionen, aufwendige Animationen, etc.)

  10. Use and value diversity

    Vielfältige und kreative Designansätze, gerade mit dem technischen Fokus, so sparsam wie möglich mit Daten umzugehen, können hier sehr bereichernd sein. Hierzu zählt auch das Evaluieren bestehender Websites und best practices sowie cutting edge Sites wie sie bspw. auf Hoverstates (opens new window) betrachtet werden können. Auch vielfältige Kooperationspartner und Feedback von vielen Usern kann hier gemeint sein.

  11. Use edges + value the marginal

    Randzonen können in diesem Fall Kooperartionspartner und / oder Aufgtragebende sein, die wenig mit Permakultur oder Webentwicklung zu tun haben. Sie können mit der Sicht aus ihrer Branche neue Inputs bringen, die den Workflow resilienter machen, entweder durch konkrete Ideen oder um sicherzustellen, dass meine Inhalte und Anliegen so klar wie möglich formuliert sind, damit sie auch an Menschen ohne Vorkenntnisse vermittelt werden können. Auch Projekte, bei denen es extrem schwierig ist, diese nachhaltig oder permakulturell umzusetzen zählen hierzu.

  12. Creatively use and respond to change

    Die Tools sollen so gewählt sein, dass sie mit Veränderungen am Markt oder der Auftraggebenden umgehen können. Weiter sollte es immer eine Option geben, falls ein bereits genutztes Tool nicht mehr verfügbar ist. Der Code soll so umgesetzt sein, dass Anpassungen ohne grossen Mehraufwand getätigt werden können. Hilfreich ist hier der modulare Aufbau des Codes mit Komponenten. Wichtig ist weiter eine gute Dokumentation und Programmierkonzepte, die zukünftige Funktionen bereits mitdenken wie bspw. Graceful Degradation (opens new window) oder Progressive Enhancement (opens new window).

# Ökosystemkriterien

Im Weiteren Verlauf, besonders im Design- und Umsetzungsschritt wurden allerdings die Ökosystemkriterien (opens new window) immer zentraler, da sie mir in diesen Phasen besonders mit den Prinzipien der Durchlässigkeit sowie der Kooperation weiterhalfen.

1. Kooperation: Aktives Zusammenarbeiten, auch mit «systemfremden Akteueren» -> erweitert das Netzwerk, verbreitet die permakulturelle Herangehensweise und macht Workflow resilienter (-> «raus aus der PK-Blase»). Siehe Prinzipien #8, #10 und #11 von David Holmgren.

2. Begrenzung: Stelle sicher, dass das Projekt dem angegeben Ziel dient und dieses streng eingehalten wird. Weiter soll es in Relation zu Budget sowie Nachhaltigkeit sinnvoll umgesetzt werden. Beispielsweise sollte für einen Fotograf nicht übermässig viele Bilder oder für einen Filmemacher keine 4K-Videos eingebunden werden. Finde hier eine passende und nachhaltige Lösung, die die Datenlast begrenzt. Auch verwandt mit Prinzip #4.

3. Flexibilität: Siehe Prinzip #12 oberhalb. Dies zählt auch in Bezug auf verschiedene Kollaborationspartner und in Bezug auf verschiedene Einkommensquellen ausserhalb der Webentwicklung wie bspw. Artikel schreiben, Vorträge halten, in Kursen assistieren oder selbst geben, etc.

4. Vielfalt: Siehe Prinzip #10. Vielfalt der Beziehung der einzelnen Elemente untereinander. Vorteile einer modularen Codebase haben ebenfalls positive Auswirkungen auf die Resilienz des Codes, der Klarheit und Wartbarkeit dessen. Ein zugänglicher Workflow zur Erleichterung der Kommunikation der Beteiligen hilft auch beim Projektmanagement.

5. Rückkoppelung: Gute Auftraggeber werden zu Multiplikatoren, welche einerseits weitere Aufträge generieren, aber auch zu Kollaborationspartnern werden können. Optimierung durch Andere durch OpenSource-Ethik verbessert meine Arbeit nachhaltig. Ausführliches und an vielen Stellen eingeholtes Feedback ist zentraler Bestandteil des Projektes. Deckt sich teilweise mit Prinzip #4.

6. Durchlässigkeit: Nutze durchlässige Grenzen wo möglich und nötig, um zum Ziel zu kommen. Beispielsweise wäre der Start in die Selbstständigkeit deutlich schwieriger, wenn alle Auftraggebenden ausgeschlossen werden würden, die keinen nachhaltigen Hintergrund haben. Natürlich muss es auch hier eine Begrenzung und Orientierung geben, aber kreative und kulturelle Akteure können bspw. problemlos und gerne mit einbezogen werden. Durch die Sukzession kann hier mit der Zeit mehr und mehr in der Auftraggeberauswahl verfeinert werden. Nimmt Bezug auf #10 und #11.

7. Eigendynamik: Vertraue im Prozess des Projektes darauf, dass sich aus dem anfänglichen Potpourri etwas ergibt, mit dem man arbeiten kann. Es braucht Moderation und Führung, aber auch ein stückweit Eigendynamik. Auch im weiteren Verlauf der Beziehung zu den Auftraggebenden kann und darf gerne eine fruchtbare Eigendynamik entstehen.

8. Vernetzung: Ergänzt Punkt 7 und 1 und Prinzip #8 und #10.

9. Wechselwirkung: Die verschiedenen Interventionen und Bestandteile (Codebase, Projektmanagementtool als Workflow, etc) haben alle eine Beziehung zueinander und beeinflussen diese wechselseitig. Ausserdem kann ihre Wirksamkeit auf diese Wechselwirkung hin untersucht und daraus Erkenntnisse zur Optimierung abgeleitet werden. Mehr Infos hierzu finden sich in der Input-Output-Analyse.

Dieses Prinzipienset muss noch genauer beobachtet werden, um konkretere Aussagen treffen zu können. Generell lässt sich aber sagen, dass die Ökosystemkriterien meines Erachtens umfassender und tiefer zu meinem Projekt passen und dieses rahmen. Zudem sehe ich diesen Workflow als Art eigenständigen Ablauf an, welcher sich selbst erhalten und tragen muss und dadurch durchaus Sytemcharakter hat, auf welches diese Kriterien zutreffen.

Sukzession
Ziel kann ausserdem sein, ein Prinzipienset für nachhaltige Webentwicklung zusammenzutragen, welches bestehende PK-Prinzipiensets sowie Fagen aus dem Bereich des Sustainable Webdesigns vereint.
Last Updated: 10/1/2023, 5:54:14 PM